Druckkunst in Leipzig

Jul 5, 2019
Druckkunst in Leipzig

Wenn heute von Leipzig als Bücherstadt gesprochen wird, denkt man vielleicht zuerst an die Buchmesse oder die Deutsche Nationalbibliothek. Geht man jedoch über den Johannisfriedhof hinter dem Grassi-Museum, findet man unter den Grabinschriften Namen wie Brockhaus oder Reclam. „Leipzig war sehr lange Zeit einer der bedeutendsten Druckstandorte in Deutschland. Die Entwicklung beginnt im 16. Jahrhundert und erreicht ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg“, berichtet Christine Hartmann vom Museum für Druckkunst in Leipzig. „Es gab Schriftgießereien, Kunstanstalten, Papierfabrikanten, Maschinenhersteller, Notendruckereien, Buchbindereien und Wertpapierdruckereien.“

Das Verschwinden der Druckkunst in Leipzig

Von all dem ist jedoch das meiste inzwischen verschwunden. „Die Bombennacht 3./4.12.1943 bringt vieles zum Erliegen und die deutsch-deutsche Teilung lässt das grafische Gewerbe in Leipzig nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erblühen. Tiefpunkt ist dann die Nachwendezeit.“ Heute sind wieder Musikverlage wie Edition Peters und kleine Verlage wie Voland & Quist in Leipzig ansässig.

Was ist eigentlich Druckkunst?

Lebendig hält die Druckkunst in Leipzig auch das Druckkunstmuseum mit rund 100 funktionierenden Maschinen und Pressen für historische Guss-, Satz- und Drucktechniken. Der Begriff der Druckkunst ist eben so weit gefächert wie der Begriff der Industriekultur. „Zum einen ist es natürlich das erzeugte Druckmedium. Das kann sehr künstlerisch eine Grafik sein, aber auch Alltagsdrucksachen wie die Zeitung, ein Plakat oder Verpackungen“, sagt Hartmann. Den entscheidenden Unterschied setze die Qualität. „Das Erzeugen eines Druckes von höchster Qualität ist handwerkliches Können. Ob an der Maschine oder an der Handpresse erzeugt: um ein gutes Ergebnis zu erzielen, muss der Drucker sein Handwerk verstehen. Die meisten Künstler haben übrigens gar nicht selbst gedruckt, sondern hatten gute Druckkünstler an ihrer Seite, die ihnen die Drucke in der gewünschten Qualität herstellten.“

Die Verbindung von Kunst und Handwerk

Genau darum geht es im Druckkunstmuseum auch im Rahmen der Tage der Industriekultur. Während des 12-tägigen, internationalen Künstler-Druckworkshops arbeiten Kreative mit historischen Techniken des Hoch-, Tief- und Flachdrucks gemeinsam mit drei Leipziger Künstlerdruckern. „Moderne Druckgrafik entsteht so direkt vor den Augen der Besucher, denn der Workshop ist öffentlich“, erklärt Hartmann. Das Museum gewährt Einblick in diesen künstlerischen Prozess am 22. und 23. August von 10 bis 17 Uhr und am 24. und 25. August von 11 bis 17 Uhr. Die deutsche UNESCO-Kommission erkannte im vergangenen Jahr diese Drucktechniken sogar als immaterielles Kulturerbe an.

„Druckkunst 1919. Das Bauhaus und seine Vorläufer im grafischen Gewerbe“

Am 25. August bietet das Museum um 12 Uhr eine Führung durch die Ausstellung „Druckkunst 1919. Das Bauhaus und seine Vorläufer im grafischen Gewerbe“, die noch bis 27. Oktober zu sehen ist. „Mit einem Querschnitt durch das Jahr 1919 zeigt die Ausstellung am Beispiel von Plakaten, Werbedrucksachen, Firmenlogos, (Fach-)Zeitschriften, Büchern und Schriftmustern, wie innovativ das Druckgewerbe und die Gebrauchsgrafik in Deutschland kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs waren“, schwärmt Hartmann. Während der Tage der Industriekultur vom 22. bis 25. August gelten außerdem ermäßigte Eintrittspreise. Das heißt, 3 statt 6 Euro für Vollzahler und 1,50 statt 3 Euro für Ermäßigungsberechtigte.

Hat die Druckkunst eine Zukunft?

Trotz Tablets und E-Book-Readern ist das Zeitalter des Druckens noch lange nicht besiegelt. „Die Welt wäre um einiges ärmer ohne analogen Druck! Digital und Analog werden auch in Zukunft Hand in Hand gehen und parallel ihre jeweils eigenen Stärken ausbauen“, prophezeit Christine Hartmann. „Denn besonders in Zeiten von glatten Touchscreens ist doch das haptische Erlebnis eines bedruckten Papieres und dazu noch der Geruch nach Druckfarbe unverzichtbar.“

Bild: Museum für Druckkunst Leipzig
Text: Mirco Mallek